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[Ein Schreckgespenst geht um]

Image (fixe ; à 2 dimensions)
titre :
[Ein Schreckgespenst geht um]
adresse :
. — [S.l.] : [s.n.], [ca ]
description technique (h × l) :
. — 1 affiche (photocop. ) : n. et b. ; 42 × 30 cm
notes :
descriptif :


[ texte (détention de Costantino Ragusa, Silvia Guerini et Luca Bernasconi (Billy), trois anarchistes arrêtées le 15 avril 2010 et soupçonnées d’avoir voulu commettre une action de sabotage contre un centre de recherche sur les nanotechnologies de la multinationale IBM en construction près de Zurich) ; photo (personnes fuyant devant une usine en feu) ]

texte :

Ein Schreckgespenst geht um

Immer wieder lesen wir von Menschen, die Gebäude, Autos oder Infrastrukturen bestimmter Institutionen auf unterschiedliche Weise angreifen. Im staatstreuen Chor der Medien werden sie oft als "Vandalen" oder "Chaoten" bezeichnet, und falls sie als solche nicht mehr durchgehen, dann greift man eben zum Konstrukt des "Terroristen", um jegliche Diskussion über mögliche Beweggründe im Voraus zu ersticken. Eben dies geschah mit den drei Anarchisten, die am 15. April in Langnau am Albis verhaftet wurden, da sie angeblich unterwegs waren, um ein Zürcher Forschungszentrum der IBM anzugreifen. Ein Ort unter vielen, an dem, fernab von unserem Alltag, an der Vertiefung der Kontrolle über das Leben auf diesem Planeten herumgeforscht wird : Gentechnik, Überwachungs-, Nanotechnologien…

Wieso soll das also in die Luft fliegen ?

Wir sind versunken in einem technologischen Hochglanzalbtraum,wo tote Materie höher gewichtet wird als unser Leben. Der neue, allesbeherrschende Gott ist die Wirtschaft. Ihr muss es gut gehen, heisst es, damit es uns überhaupt erst gut gehen kann. Doch hinter der Grundhaltung, dass jeglicher Fortschritt per se positiv ist, verhüllt sich die Tatsache, dass nur wenige von diesem profitieren. Denjenien, die sich Tag für Tag ausbeuten lassen, dürfte schon längst aufgefallen sein, dass wir trotz all der unglaublichen Forschungen heute nicht weniger, sondern schlicht effizienter arbeiten, und nicht qualitativer leben, sondern mehr konsumieren. Mit jeder Neuheit wird uns ein besseres und einfacheres Leben versprochen, während die anschliessende Enttäuschung mit dem Versprechen von immer weiteren Neuheiten kompensiert wird. Wir lechzen nach Fata-Morganas, wie Verdurstende in einer Wüste.

Das, woran im genannten IBM-Zentrum herumgetüftelt wird, geht noch eine Stufe tiefer. Denn gentechnisch manipulierte Organismen und Nanopartikel, ebenso wie die Strahlungen des Atommülls, schreiben sich fortan unwiderruflich in die Welt ein, die wir bewohnen. Es braucht nicht viel, um zu sehen, dass auch diese Bestrebungen einzig der Fortschrittslogik des Kapitalismus dienen. Nachdem schon längst der ganze Planet unter seiner Herrschaft steht, versucht er diese nun zu vertiefen — und zwar bis ins kleinste Detail.

Die industrielle Technologie ist schon seit Jahrhunderten der wesentliche Faktor der Umgestaltung der Gesellschaft, und somit der Wirtschaft und des Staates. Immer wieder soll sie angebliche Lösungen für soziale Probleme liefern, zu deren Entstehung sie selbst beitrug. Sie hat sich mittlerweile selbst unentbehrlich gemacht. Ohne die Technologie wäre die immense Anhäufung von Waren, und die dafür erforderliche allgemeine Unterordnung und Kontrolle der Arbeitenden unmöglich. Sie hat die Menschen nicht nur gegenüber der Welt sondern auch einander fremder gemacht.

Die soziale Ordnung, in der wir leben, funktioniert nur noch durch die immer absurdere Spezialisierung unserer Tätigkeiten, die immer umfänglichere Kontrolle über das Lebende, die immer effizientere Ausbeutung unserer Arbeitskraft und eine allgemeine Verarmung der menschlichen Beziehungen.

Die scheinbar unantastbare Rechtfertigung dafür ist die blosse Aufrechterhaltung des Bestehenden. Die Frage nach den Lebensbedingungen wird nicht gestellt. Schliesslich könnte sie zur Erkentnis verleiten, dass nicht wir, sondern die soziale Ordnung an unserer Betrübtheit schuld ist, und dass so einiges verschwinden muss, um endlich frei zu atmen. Wir denken, dass einem Zusammen-leben nicht durch technologischen Fort-schritt, sondern unter gemeinsamen ethischen und sozialen Überlegungen Wert zukommt. Die Entwicklung, die wir anstreben, geht einem Leben entgegen, das an uns selbst liegt, ohne zu dienen und ohne zu herrschen — und diese Entwicklung beginnt mit der Revolte gegen alles, was uns davon abhält.

Daher erkennen wir uns in den drei Anarchisten wieder, die nun verteilt in schweizer Knästen sitzen. Wir empfinden Solidarität für jeden Versuch, die eigenen Fesseln abzuwerfen, um der anhaltenden Vernichtung des Lebens und der (Selbst-)Versklavung der Menschen die Stirn zu bieten. Und eine der ersten Fesseln, die wir dazu abwerfen, ist diejenige in unseren Köpfen, die uns glauben macht, wir können ohne-hin nichts tun und uns in der Lethargie gefangen hält.

Darum an alle, die — aus welchen Gründen auch immer — die Schnauze voll haben von all den Zwängen und Kontrollen, von all den leblosen Produkten und sinnlosen Arbeiten, von dem Hass, der gestreut wird, damit wir untereinander kämpfen, anstatt gemeinsam gegen das Elend. An alle, deren Herz höher schlägt, wenn Leute das angreifen, worin sie die Ursache ihrer Unzufriedenheit erkennen : Zeigt euch und lasst an der Vielfalt der Sabotagen erkennen, dass etwas ganz anderes möglich ist.

Freiheit für dir drei anarchisten Billy, Silvia und Constantino !


sources :

Voir aussi : A spectre is haunting us (Englische Version)

cotes :

Aff3705 - 311031 (cira L)


[ca  2010]
Affiche liée